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Unser Elternzeitmodell - vier Mal neu entworfen

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"Bei all unseren Überlegungen haben wir uns stets an dem orientiert, was am passendsten für unsere Arbeitgeber wäre. Als uns das klar wurde, haben wir den Fokus geändert."

Bernd Roschnik

Elternzeit ist etwas ganz Besonderes. Ich wünsche mir, dass jedes Elternteil sich soviel Zeit wie möglich nimmt, um sich in den ersten Monaten ganz auf das neue Familienmitglied fokussieren zu können. Richtiger Luxus ist es, wenn sich die Elternzeit beider Elternteile sogar überschneidet. Im besten Fall länger als die üblichen zwei Monate. So war es bei Isabella und mir. Wir hatten es zwar anders geplant, im Nachhinein waren wir aber beide sehr froh darüber, wie es kam. 

 Ursprünglich war unsere kühne Idee, dass Isabella bereits nach fünf Monaten wieder arbeiten geht und ich zu Hause für mindestens zwölf Monate. Das war naiv, denn Isabella war so knapp nach der Geburt überhaupt noch nicht bereit wieder zu arbeiten. Zum Glück ist Isabella Lehrerin und der Berliner Senat familienfreundlich. Sie konnte ihre Elternzeit problemlos verlängern. Trotzdem wollte ich auf keinen Fall auf meine Elternzeit verzichten. 

In der folgenden Diskussion ist uns eines aufgefallen: bei all unseren Überlegungen haben wir uns stets an dem orientiert, was am passendsten für unsere Arbeitgeber wäre. Als uns das klar wurde, haben wir den Fokus geändert und uns überlegt, was für uns als Familie am besten wäre. Wir wollten beide Zeit mit Rubin, aber auch Zeit als Familie. Und wir wollten Raum haben, um unsere Geburtserlebnisse zu verarbeiten.

Also verlängerte Isabella ihre Elternzeit bis Oktober, sodass wir auf jeden Fall drei gemeinsame Monate gehabt hätten. Am Ende sind aus diesen drei Monaten sechs Monate geworden. Im Verlauf der gemeinsamen Elternzeit haben wir nämlich gespürt, dass es uns sehr gut tut, gemeinsam zu sein, auch um die Erfahrung der Geburt zu verarbeiten. Unsere Geburtsgeschichte erzähle ich gerne an anderer Stelle ausführlich. In einem Satz zusammengefasst war es ein traumatischer Verlauf und die Bilder haben vor allem Isabella sehr lange verfolgt. Die Vorstellung, Rubin für mehrere Stunden am Tag nicht zu sehen, quälte sie. Deshalb hat sie ihre Elternzeit ein zweites Mal verlängert und war bis Februar mit mir gemeinsam zu Hause. 

Aber ich habe auch meine Pläne über Bord geworfen. Aus den ursprünglich zwölf Monaten sind “nur” acht geworden. Ich wäre natürlich gern länger in Elternzeit geblieben, aber die wirtschaftlichen Zwänge und eine sehr gute berufliche Möglichkeit haben bei mir zur Verkürzung geführt. Der Gesetzgeber hat eigentlich nicht im Sinn, dass beide Elternteile parallel in der Elternzeit sind. Das heißt, das zur Verfügung stehende Elterngeld wird zu Elterngeld Plus umgewandelt (50% des Elterngeldes) und steht trotzdem maximal 24 Monate zur Verfügung. Klingt nach einer langen Zeit, ist jedoch schnell aufgebraucht. 

Die Folge war, dass wir unser gesamtes Erspartes aufbrauchen mussten, um unsere Lebenshaltungskosten abdecken zu können. Und trotzdem hat das Geld vorne und hinten nicht gereicht. Die Chance auf einen neuen Job kam mir da wie gelegen. Zu meiner Verwunderung war es auch kein Problem, dass ich erst einmal in Teilzeit (25 Stunden pro Woche) beginne. Irgendwie dachte ich, dass sei unrealistisch nach einem Jobwechsel, noch dazu in einer Führungsposition. 

Natürlich war das nur möglich, weil Rubin kurzfristig ab März einen Kitaplatz bekommen hat. Hätte mich jemand vor der Geburt gefragt, ab wann Rubin in die Kita gehen soll, hätte ich es definitiv nicht mit einem Jahr gesagt. Aber Rubin liebt es, mit anderen Kindern zu sein und findet sich in neuen Umgebungen sehr schnell zurecht. Deshalb war für mich klar, dass ein früherer Kitabesuch keine Belastung, sondern eine Bereicherung für ihn wäre. 

Die gemeinsame Elternzeit war wundervoll.  Wir waren für knapp zwei Monate in Kroatien und zwei Wochen auf Lanzarote. Im Urlaub hat es immer sehr harmonisch funktioniert. Zu Hause in Berlin gab es dagegen öfter mal Streit. Der Alltag in den eigenen vier Wänden erfordert einfach mehr Abstimmung. Und 24/7 zusammen zu sein birgt an der ein oder anderen Stelle natürlich auch Konfliktpotential. Trotzdem würde ich es jedem Paar empfehlen. Für Rubin war es das Größte Mama und Papa die ganze Zeit um sich zu haben. Und für mich das Schönste so viel Zeit mit meinem Sohn verbringen zu können. Mein Tipp an alle Väter: nehmt euch soviel Zeit wie möglich mit euren Kindern! Am besten, teilt ihr es euch auf. Gleich zu Beginn ein bis zwei Monate, damit ihr auf jeden Fall im Wochenbett zu Hause seid. Und dann noch einmal nachdem das Baby abgestillt ist. So seid ihr einfach ein bisschen unabhängiger. Wichtig ist aus meiner Sicht, dass auch Papa den Alltag zu Hause alleine stemmen kann und nicht nur im Elternzeit-Urlaub dabei ist. (Den ich übrigens auch jedem Paar machen sollte. Wann sonst hat man die Gelegenheit längere Zeit am Stück zu verreisen)

Geschrieben von

Bernd Roschnik

Ich bin Papa Bernd. Langsam beginnt mein Namen zu meinem Alter zu passen, auch wenn es noch ein paar Jahre dauern wird, bis ich Opa bin. Mein Sohn ist im März 2021 geboren. Der Weg bis dahin war nicht immer einfach. Mein Kinderwunsch erfüllte sich erst über Umwege in einer Kinderwunschpraxis. All das hätte ich ohne meine unfassbar starke und tapfere Ehefrau nicht geschafft. Papa zu sein hat für mich viele Höhen, aber auch so manche Tiefs. Noch nie in meinem Leben war ich gleichzeitig so glücklich und so überfordert. Aber mit jedem Tag gewinne ich mehr Sicherheit und werde gelassener. Besonders glücklich macht mich, dass ich viel Zeit mit meinem Sohn verbringen kann und wir schon ein richtiges Team sind.